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Wilwerding: „Was wäre das eine spannende Meisterschaft“

par Philippe Jaaques

FuPa hat sich mit dem Trainer der Frauen des SC Ell über den Damenfussball und seinen Verein unterhalten +++ Inklusive Vorschau auf die Ligaspiele vom Samstag

Wie u.a. auch FuPa in den vergangenen Wochen und Monaten bereits mehrfach berichtete, steht der luxemburgische Frauenfußball nicht nur am Scheideweg, sondern vor einer regelrechten Zerreißprobe. Grund dafür sind die eklatanten Unterschiede sowohl auf sportlichen als auch auf finanziellem Plan zwischen denen ganz oben und denen weiter unten in der 1.Liga. Satzungs- und Kommunikationsprobleme trugen zusätzlich nicht unbedingt zu einem guten Image bei. Wir haben uns über Probleme, Lösungen uvm. mit einem seit weit über einem Jahrzehnt im luxemburgischen Frauenfußball Aktiven unterhalten, dem Trainer des SC Ell, Paul Wilwerding.

Die Anfänge

Es gibt logischerweise mehrere Ansätze, wie man den luxemburgischen Damenfußball weiterbringen kann. Auf der einen Seite stehen da kräftige, finanzielle Investitionen, Kader mit gut und gerne dreißig Spielerinnen mit internationalem Niveau, auf der anderen sind in der ersten Liga im Großherzogtum Teams vertreten, die mit einem begrenzten Kader oftmals Schwierigkeiten haben, jeden Samstag genügend Spielerinnen zusammenbekommen. Dazwischen siedeln sich Clubs an, die sich der Ausbildung verschrieben haben, wie z.B. die Entente WMG, Junglinster oder aber auch Wilwerdings Sporting Club Ell. „Damals vor siebzehn Jahren fingen wir in Ell mit dem Frauenfußball an, in dem wir Flyer in Kneipen der Gemeinde und der Nachbargemeinden verteilten, dass wir Spielerinnen suchen würden zur Gründung einer Dammenfussballmannschaft in Ell“ erklärt Wilwerding die allerersten Schritte der Lila-Weißen was ein weibliches Team betraf.

„Die allererste Begegnung, ein Testspiel gegen Etzella II, hatten mehr als 250 Zuschauer besucht“, die Begeisterung war also riesig. Der Vorstand war entsprechend einverstanden, das Projekt umzusetzen und steht seit damals immer voll hinter dem Frauenfußball. „Die Frauen wurden den Männern gegenüber in Ell stets komplett gleich behandelt" so Wilwerding. Dies betrifft sowohl Material als auch Ausstattung und die Prämien. „Einzige Bedingung zur Aufnahme der Damen damals war, dass auch zwei Frauen Teil des Vereinsvorstandes werden sollten“. So war die neu gegründete Abteilung sofort voll integriert. Dass später Pokalsiege und Meistertitel herausspringen sollten, war kaum vorherzusehen, löste aber eine wahre Euphorie im Westen aus.

„Seitdem ich die Damenmannschaft ab der Saison 2007/2008 übernahm, hatte ich stets die Idee, eine zweite Mannschaft und weibliche Jugendteams zu haben. Das war damals aber noch eine Utopie“ zeigt Wilwerding seine damalige Weitsicht. In Zusammenarbeit mit Nico Schockmel, damaliger Präsident der Frauen- und Mädchenabteilung der FLF, wurde Wilwerding so zum Vorreiter bei der Einführung der Kategorie „Jeunes Filles“. Wegen scheinbar mangeldem Interesse war die Idee zunächst zum Scheitern verurteilt, wurde später aber nicht aus den Augen verloren. Die beiden nahmen in der Folge persönlich Kontakt zu vielen Clubs auf, von denen sie wussten, dass dort auch Mädchen trainierten. „Es war 2013 als wir erstmals mit sechs Mannschaften - u.a. SC Ell als Entente Atertdaul, Racing Luxemburg, AS Wintger, FC Differdingen 03, Orania Vianden und Alisontia Steinsel - in einer Jugendliga für Mädchen an den Start gingen“ erinnert sich der heutige Trainer der 1.Frauen aus Ell. In den folgenden Jahren stieg die Zahl der teilnehmenden Teams stetig auf heute 17 "Jeunes Filles"-Mannschaften. Wilwerdings Ziel wurde erreicht, der SC Ell hatte seit der Saison 2010-2011 zwei Frauenteams so wie seit der Saison 2012-2013 weibliche Jugendteams (Jeunes Filles). In den letzten Jahren hatte man in Ell regelmässig nicht weniger als fünf Mädchen- und Frauenmannschaften im Spielbetrieb, in der Saison 2018/2019 sogar sechs Teams.

Das Abwerben guter Spielerinnen

Ein Thema, das seit jeher besteht, ist das Risiko, die guten Spielerinnen an andere, vielleicht finanzkräftigere Clubs zu verlieren. „Das Risiko besteht nicht erst seit Kurzem“ ist sich Wilwerding sicher. „Sarah Cardinali war die erste, die wechselte und meistens lief es korrekt ab und die Spielerinnen waren offen mit dem Verein, der ihre Absichten schließlich respektierte“. Das sei aber nicht bei jeder Spielerin so gewesen, weiß der 43-Jährige zu berichten, manche verließen den Club durch die Hintertür. Auf administrativer Ebene will man nicht mehr blauäugig sein und man arbeitet sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen mit den sog. „déclarations de non-transfert“, wodurch man die Zukunft besser planen kann aber als Club auch zusätzliche finanzielle Anreize bieten muss.

Das Abwerben gehöre mittlerweile auch im Frauenfußball zum normalen Business, glaubt Wilwerding. „Oft wird den Mädels viel versprochen, aber bei weitem nicht jedes dieser Versprechen wird gehalten“ - so sieht die Welt bei den Frauen nicht anders aus als bei den Männern. „Wir fragen in Ell ja auch Spielerinnen, ob sie zu uns kommen möchten. Diese sollen dann aber nicht die Nummer 17 oder 18 sein, sondern sollen uns punktuell verstärken und uns weiterbringen“ erklärt Wilwerding seine Philosophie. „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle noch Amateure sind, auch wenn die 1.Liga immer anspruchsvoller wird. Fussball und Sport im Allgemeinen sind immer noch Hobbies, allerdings sollte man diesen auf höchstem Niveau mit viel Einsatz und sehr gewissenhaft betreiben“. Dass Investitionen insgesamt zur Entwicklung dazugehören, ist dem Eller Trainer aber ebenso klar. „Was Racing aufgebaut hat, ist gegenüber der luxemburgischen Meisterschaft z.Z. dann doch überverhältnismäßig. Mit Blick auf die Champions League ist die getroffene Wahl aber durchaus nachzuvollziehen. Mittlerweile gibt es ja bereits um die 60.000 Euro für die Teilnahme und da wird eine solche natürlich interessant. Racing hat einen Weg eingeschlagen, der wohl früher oder später zur Regel wird, da der Frauenfußball im Großen und Ganzen ja auch durch die UEFA-Gelder attraktiver wird. In dieser Hinsicht ist man in der Hauptstadt vielleicht seiner Zeit etwas voraus.“

In Ell sieht der Ansatz daher wie bereits erwähnt anders aus: „Wir versuchen Mädchen aus unseren Jugendteams bei den Seniorinnen zu integrieren. Die hervorstechenden Talente müssen sich natürlich beweisen, bekommen jedoch die Zeit, sich in die 1. Damenmannschaft hochzuarbeiten. Es soll ein gesunder Konkurrenzkampf sein, sie werden jedoch sicherlich keine zehn andere vor die Nase gesetzt bekommen“. Ell liegt natürlich etwas Abseits der größeren Gemeinden des Großherzogtums, wodurch Wechsel in den Westen als auch von dort weg nicht ganz so leicht durchzuziehen sind. Ell will an seiner bisherigen Struktur mit zwei „Jeunes Filles“, einer „Cadettes“ und zwei Damen-Mannschaften sowie bald auch „Fillettes“ festhalten, um stets genügen Nachrückerinnen zu haben. „Dass wir in allen Alterskategorien Mädchen- bzw. Frauenfussball anbieten, soll nicht bedeuten, dass wir dies nur machen, um Talente zu fördern und für unsere 1. Damenmannschaft ausbilden, sondern wir bieten die Sportart Fussball für Jedermann und -frau an. Sicherlich liegt uns sehr viel an der Betreuung und fußballerischen Ausbildung unserer Jugend. So lange wir mit der ersten Mannschaft in Liga 1 spielen, werden die jungen Talente auch wahrscheinlich bei uns bleiben. Der Verein ist sich jedoch ebenso seiner sozialen Rolle bewusst. Spaß am Spiel, Freundschaften, Integration, Fussball bedeutet soviel mehr…!“ erklärt Wilwerding seine Philosophie. Dieser Weg soll gefestigt werden.

Aktuelle Themen

Das große Thema der vergangenen Wochen, die Reduzierung der Anzahl der Teams der 1.Liga, sieht Wilwerding dagegen als zweischneidiges Schwert. „So wie im Moment ist die Meisterschaft natürlich nicht super interessant“, weiß er auch als Mitglied einer Arbeitsgruppe der FLF zum Frauenfußball zu berichten. „Es ist vielleicht, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, weniger interessant, dies jedoch nicht nur durch Teams am unteren Ende wie Bartringen, sondern auch am oberen Ende wie Racing. Was wäre das eine spannende Meisterschaft ohne diese Extremitäten!“ Der goldene Mittelweg wird also gesucht.

„Vom Tabellenersten bis zum Siebten ist das Niveau schon sehr gut. Dann kommen einige Mannschaften die ein wenig schlechter aufgestellt sind, jedoch sicherlich das Niveau der 1. Liga haben. Die Mannschaften am Tabellenende haben es sehr schwer. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass diese Umstände aus den letzten 2 Jahre geschuldet sind. Je nachdem wer in der kommenden Saison aufsteigt, wird es auch nicht einfach haben in der 1.Liga“. Eine Reduzierung ist dennoch nicht so einfach, wie man sich das oft vorstellt. Es gibt eine Satzung, die berücksichtigt werden muss. Über alle abstimmungspflichtigen Änderungen müsste vom Kongress oder per Referendum entschieden werden.“ Je nach Zeitpunkt könnten diese dann erst in der Folgesaison in Kraft treten. „Zehn Teams wären in der Tat nicht schlecht, jedoch bestehen dann wieder andere Probleme wie z.B. die Anzahl der Spiele in einer Saison. 18 wären zu wenige und mit Play-Offs wären 26 Spiele zu viele. Acht Mannschaften wären meiner Meinung nach zu wenige. Vielleicht dann doch zwölf Mannschaften, aber das Niveau müsste ausgeglichener sein. Wie man sieht, ist es ist nicht so einfach."

Die Einführung einer „Fillettes“-Meisterschaft soll seiner Meinung nach Priorität genießen, um die langfristige Ausbildung voranzubringen, da ansonsten viele junge Mädchen riskieren, dem Fußball wieder den Rücken zu kehren oder gar nicht erst damit anzufangen. Wilwerding: „Dies würde den Frauenfußball einen großen Schritt nach vorne bringen“. Das Ziel der FLF, in den kommenden Jahren bis zu 5.000 neue Mädchen im Fußball begrüßen zu können, scheint keineswegs abwegig. Wilwerding wünscht sich schrittweise Änderungen, sowohl beim Erhöhen des Mindestalters als auch bei der Reduzierung der Anzahl der Teams in der 1.Liga. So würden die Vereine und Trainer mehr Zeit haben, sich umzustellen.

Am Ende ist es wie so oft, nur gemeinsam kann man den Frauenfußball wirklich voranbringen. Wenn dann aber Alleingänge oder Kirchturmpolitik das Geschehen bestimmen, treten die, die es gut meinen, ungewollt auf der Stelle. Zumindest wird sich auf vielen Ebenen intensiv mit den Themen auseinandergesetzt, wodurch der Frauenfußball z.Z. einen Prozess durchläuft, der dem der männlichen Kollegen ab und an auch gut zu Gesicht stehen würde.

Vorschau auf die Ligaspiele vom Wochenende

Liga 1

Wegen der Auftritte der Frauen-Nationalmannschaft finden lediglich zwei Spiele der 20.Runde an diesem Wochenende statt. In Bartringen kommt es zu einer wichtigen Partie in Sachen Abstieg, bemerkenswert ist zudem, dass die Ent. Itzig-Cebra trotz Abstellungen zur Nationalelf am Samstag in Ralingen antreten wird. Die weiteren Partien wurden auf den 27.April verlegt.

 

Artikel a Fotoen vum Paul Krier vu FuPa:

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